„Telemedizin kann spezialisierte Expertise flächendeckend verfügbar machen und dadurch zur Sicherung einer sowohl qualitativ hochwertigen als auch wirtschaftlichen intensivmedizinischen Versorgung beitragen.“
„Gleichwohl besteht Konsens über ihren Nutzen. Die Akteure im Gesundheitswesen sind sich einig, dass Telemedizin spezialisierte Expertise flächendeckend verfügbar machen und dadurch zur Sicherung einer sowohl qualitativ hochwertigen als auch wirtschaftlichen Versorgung beitragen kann. Besonders gross ist das Potenzial in der Intensivmedizin.“
Marcus Bataryk
Leader Connected Care, Philips GmbH Market DACH
Die Deutschen werden immer älter. Je höher die Lebenserwartung, umso grösser ist der Bedarf an intensivmedizinischen Leistungen. Hinzu kommt, dass sich die Grenzen des medizinisch Machbaren vor allem im operativen Bereich ständig erweitern. Vor diesem Hintergrund wurden die intensivmedizinischen Kapazitäten in den vergangenen Jahrzehnten bei einem gleichzeitigen Rückgang der Gesamtkrankenhausbetten kontinuierlich ausgebaut. Aktuell stehen in Deutschland über 28.000 Intensivbetten für die Versorgung kritisch kranker Patienten bereit.1
Demografischer Wandel heisst aber auch, dass die Deutschen immer weniger werden. Während der Anteil der Rentner an der Bevölkerung zunimmt, sinkt die Zahl der Erwerbstätigen. In der Intensivmedizin ist dieses Missverhältnis längst spürbar. Bettensperrungen sind an der Tagesordnung, denn gutes Personal ist Mangelware. Schon 2016 hatten 29 % der Krankenhäuser Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten für offene Stellen im Ärztlichen Dienst ihrer Intensivstationen zu finden.2 Und in der Zukunft dürfte sich das Stellenbesetzungsproblem noch verschärfen.
Dennoch ist es in Deutschland bislang nicht gelungen, Telemedizin in der Regelversorgung zu etablieren. Woran liegt das? Ein Grund ist sicherlich, dass die Krankenhäuser hierzulande bei der Digitalisierung – der Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung telemedizinischer Konzepte – hinterherhinken. In einer 2018 veröffentlichten internationalen Vergleichsstudie landete Deutschland abgeschlagen auf Rang 16 von insgesamt 17 untersuchten Ländern.5 Nach unseren Schätzungen besitzen zum Beispiel gerade einmal 30 Prozent der Krankenhäuser ein Patientendatenmanagementsystem (PDMS) für die Intensivmedizin. Doch immer mehr Häuser erkennen den Nutzen eines Systems, das neben der lückenlosen, papierlosen Dokumentation der abrechnungsrelevanten Daten auch den Workflow auf der Intensivstation verbessert.
Für noch mehr Entlastung kombiniert Philips das PDMS IntelliSpace Critical Care and Anesthesia mit IntelliSpace Console (ISC). Das Dashboard führt Vital-, Geräte- und Labordaten mit Daten aus dem Krankenhausinformationssystem und der elektronischen Patientenakte auf einer intuitiven Benutzeroberfläche zusammen. Ärzte und Pflegekräfte erhalten eine aggregierte, organbasierte Ansicht des Patientenzustandes. So können sie kritische Veränderungen schneller erkennen und mit Hilfe algorithmischer Unterstützung fundierte Entscheidungen treffen. In Verbindung mit telemedizinischen Anwendungen ermöglichen PDMS und ISC den Datentransfer zwischen Krankenhaus und Tele-ICU-Zentrale, gemeinsame telemedizinische Visiten und Videokonsultationen.
Damit sich die Telemedizin in Deutschland durchsetzen kann, muss allerdings erst einmal Interoperabilität zur Selbstverständlichkeit werden. Der Datenaustausch zwischen Softwaresystemen innerhalb eines Netzwerks funktioniert nur unter Einhaltung verbindlicher Kommunikationsstandards wie IHE, HL7 FHIR und DICOM. Ebenso wichtig sind die Prozesse. Telemedizin bedeutet mehr als die einfache Übersetzung von analogen in digitale Abläufe. Sie verlangt nach neuen Prozessen. Deshalb setzen wir uns bei der Umsetzung von IT-Projekten immer auch mit dem Thema Prozessoptimierung und -standardisierung auseinander. Ein weiteres Hindernis für die Verbreitung der Telemedizin ist die fehlende Sicherheit bei juristischen Fragen der Haftung, des Berufsrechts und vor allem des Datenschutzes. Da im Rahmen der telemedizinischen Versorgung hochsensible personenbezogene Daten übertragen werden, gelten höchste Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit.
Und dann wäre da noch die Frage der Vergütung. Trotz aller Bekenntnisse von Politik und Ärzteschaft – exemplarisch sei die Lockerung des Fernbehandlungsverbotes im Mai 2018 genannt – finden sich in den Katalogen des DIMDI nach wie vor keine Abrechnungsziffern für telemedizinische Leistungen. Angesichts von demografischem Wandel und Fachkräftemangel heisst es, die genannten Barrieren schnellstmöglich aus dem Weg zu räumen. Denn ihr volles Potenzial wird die Telemedizin, insbesondere die Teleintensivmedizin, erst zeigen, wenn sie Einzug in die Regelversorgung gehalten hat und allen Versicherten zugänglich ist.
„Zahlreiche internationale Studien belegen, dass sich durch telemedizinische Kooperation eine signifikante Reduktion der Mortalität und der Verweildauer von Intensivpatienten sowie eine höhere Leitlinienadhärenz erzielen lässt. Daraus ergeben sich zwangsläufig auch positive Effekte auf die Behandlungskosten.“
Marcus Bataryk
Leader Connected Care, Philips GmbH Market DACH
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